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Factoring

Factoring bezeichnet den Verkauf noch nicht fälliger Forderungen aus Warenlieferungen und Dienstleistungen an eine spezialisierte Finanzinstitution, die sogenannte Factoringgesellschaft (kurz Factor). Dieses Instrument wird häufig von mittelständischen Unternehmen als Ersatz für einen Kredit in Anspruch genommen. Im Rahmen des Factorings entsteht eine Dreieckskonstellation zwischen Verkäufer/Unternehmen (Kreditor), Factor und Forderungsschuldner (Debitor). Der Kreditor verkauft seine Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, die er gegenüber seinen Kunden (Debitoren) hat, an einen Factor. Kreditor und Factor besiegeln diesen Verkauf, indem sie einen Factoringvertrag abschließen. Der Verkauf der Forderungen erfolgt durch Globalzession innerhalb einer Rahmenvereinbarung. Gegenstand des Verkaufs sind somit nicht einzelne Forderungen, sondern Forderungsbündel. Im Vorfeld des Vertragsabschlusses prüft der Factor die Bonität der Kunden und setzt ein Limit fest, bis zu dem er das Ausfallsrisiko der Forderungen übernimmt.

Arten

Je nachdem, ob die Kunden des Unternehmens über diese Factoringbeziehung informiert sind oder nicht, spricht man entweder von „offenem Factoring“ oder „stillem Factoring“. Bei offenem Factoring macht der Factor gegenüber dem Debitor eine Abtretungsanzeige, wodurch der Debitor seine Zahlung mit schuldenbefreiender Wirkung an den Factor zu leisten hat. Bei stillem Factoring erfolgt die Zahlung weiterhin an den Verkäufer, der diese dann an die Factoringgesellschaft weiterleitet. Grundsätzlich ist zwischen echtem Factoring und unechtem Factoring zu differenzieren. Beim „echten Factoring“ übernimmt der Factor nicht nur das Inkasso der Forderung bei Fälligkeit, sondern auch das Delkredererisiko (Ausfallrisiko), das heißt die Garantie für die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners. Falls der Debitor zahlungsunfähig wird, haftet dafür der Factor in einem bestimmten Ausmaß/Limit (üblicherweise sind mindestens 70 % vorgesehen). Beim unechten Factoring verbleibt das Delkredererisiko hingegen beim Kreditor. In der unternehmerischen Praxis ist das echte Factoring weitgehend Usus. Zudem kann auch zwischen „Standard - Factoring“ und „Maturity - Factoring“ unterschieden werden. Handelt es sich um Standard - Factoring erhält der Verkäufer bereits bei Abtretung der Forderung an den Factor einen Teil seiner Forderung (maximal 90 %) als Vorschuss. In diesem Fall erhöht sich ähnlich wie bei einer Kreditaufnahme die Liquidität des Unternehmens. Beim Maturity - Factoring (Fälligkeits - Factoring) erfolgt die Zahlung an den Verkäufer hingegen erst mit Eintritt der Fälligkeit der Forderung.

Funktionen

Im Mittelpunkt steht meist die Finanzierungsfunktion. Für den Kreditor geht es darum, das in seinen Forderungen gebundene Kapital freizusetzen, um damit sofort liquide Mittel lukrieren zu können. Für diese Form der Unternehmensfinanzierung werden vom Factor bankübliche Zinssätze verrechnet. Übernimmt das Factoringinstitut - wie allgemein üblich- auch das Forderungsausfallsrisiko, so erfüllt das Factoring gleichsam eine Delkrederefunktion. Der Verkäufer ist somit vor einer möglichen Zahlungsunfähigkeit seines Schuldners geschützt. Für diese Übernahme des Delkredererisikos bezahlt er eine Delkrederegebühr von 0,2 – 1% des ausgenutzten Limits. Die Abrechnung erfolgt meist pauschal für alle Forderungen eines bestimmten Zeitraums. Darüber hinaus kann der Verkäufer auch noch weitere Aufgaben in Form von Outsourcing an den Factor auslagern. Das Factoringinstitut kann somit noch zusätzliche Tätigkeiten übernehmen, die der sogenannten Dienstleistungsfunktion zuzuordnen sind. Zu denken ist insbesondere an ein umfangreiches Debitorenmanagement, das Bereiche wie Debitorenbuchhaltung, Mahnwesen, Inkasso, Überprüfung der Bonität von Drittschuldnern, Fakturierung, Erstellung von Statistiken und betriebswirtschaftliche Beratung beinhalten kann. Für diese Zusatzleistungen verrechnet das Factoringinstitut in der Regel eine Gebühr in Höhe von 0,2 - 2% des Umsatzes.

Vorteile

Für den Verkäufer der Forderung bietet Factoring einige Vorteile. So erhält er für seine noch nicht fälligen Forderungen sofortige Einzahlungen. Die damit verfügbare Liquidität kann er für Investitionen nutzen und damit auch das Wachstums des Unternehmens steigern. Durch den damit gewonnenen größeren finanziellen Spielraum ist er auch in der Lage, seinen Kunden längere Zahlungsziele zu gewähren. Er selbst kann hingegen seine liquiden Mittel nutzen und Skontierungs- sowie Boni-Möglichkeiten in Anspruch nehmen, womit er zusätzliche Einsparungen erzielen kann. Insgesamt sind eine Verbesserung der Bilanzstruktur und eine Erhöhung der Eigenkapitalquote zu verzeichnen. Dies bewirkt wiederum ein besseres Rating und eine steigende Bonität. Bei echtem Factoring wird das Zahlungsausfallrisiko für den Verkäufer weitgehend reduziert, weil das Delkredererisiko auf den Factor übergeht. Factoring ist insbesondere für mittelständische Unternehmen mit großem Kundenstock und hohem Forderungsbestand ein geeignetes Finanzierungsinstrument und eine Alternative zu herkömmlichen Bankkrediten. Aufgrund der strengeren Kriterien für die Kreditvergabe nach Basel III ist es für Unternehmen mitunter schwierig, Darlehen von Banken zu bekommen, insbesondere dann, wenn die nötigen Sicherheiten fehlen. Viele kleinere und mittlere Unternehmen setzen Factoring auch ein, um bestimmte Tätigkeiten des Debitorenmanagements auslagern zu können. Damit besteht die Möglichkeit, sich durch frei werdende zeitliche Ressourcen mehr auf die Kernkompetenzen konzentrieren zu können.

Nachteile

Aus Sicht des Unternehmens sind aber auch die möglichen Nachteile zu bedenken.

Ein Nachteil äußert sich unter anderem in den zu anderen Finanzierungsinstrumenten vergleichsweise höheren Kosten. Negative Auswirkungen können sich auch in der Beziehung zum Kunden zeigen. Durch Inanspruchnahme von Factoring fehlt nämlich der direkte Kontakt zwischen Gläubiger und Kunden. Dies kann die Vertrauensbasis und Kundenbindung beeinträchtigen. Zudem sehen manche Kunden das Inkasso über ein Factoringinstitut als Indiz für eine schlechte Liquiditätssituation ihres Geschäftspartners.

Autor: Sebastian Kraft, seit 2015 Schuldnerbetreuer bei Saturn Inkasso.